"Dokumentation: Das Alibi von Fritz Teufel"
Ich habe in einer alten Sammelmappe einen TAZ-Artikel vom 28.05.1980 gefunden. Die TAZ hat diesen Artikel anscheinend nicht im Archiv. So ich habe mal einige Abschnitte des Artikels gescannt, um den Alltag von Fritz Teufel im Ruhrbiet hier wiederzugeben.

Moabit, 27. Mai 1980

Beweisermittlungsantrag

Wie Sie sehen, habe ich mich nach den
Blödojes der Bundesanwälte rasiert und
mir die Haare schneiden lassen, um der
Welt die FRATZE DES TERRORS zu
zeigen, die ich bisher hinter Bart und
Matte versteckte. Da die Bundesanwaltschaft
nach Abschluß der Beweisaufnahme noch immer von
meiner Täterschaft in den Fällen
TriebeI, Lorenz und Negerkuß-Speisungen
ausgeht, da zu befürchten ist,
daß der Strafsenat bei der
Urteilsfindung genauso unbekümmert
durch das weite Feld kriminalistischer
Spekulationen galoppiert, seh ich mich
gezwungen, auch wenn der Prozeß allen
Beteiligten schon seit Jahren zum Hals
raus hängt, den Wiedereintritt in die
Beweisaufnahme zu betreiben und
stelle hiermit folgenden Beweisermittlungsantrag:
Ich hab mir überlegt, was der
Vorsitzende Geus sagen wird, wenn ich
sage "ICH HAB EIN ALIBI".
Ein Alibi für Lorenz Drenckmann, Waffengeschäft
Triebel usw. Womöglich wird er
sagen: "Herr Teufel, Ihre Witze waren
auch schon mal besser." Mag sein. Aber
ich habe bald fünf Jahre, genau 1638
Tage im Knast gesessen, davon 129
Tage im Hochsicherheitsmausoleum.
Vier Wochen im Bunker, zeitweise im
Hunger- manchmal im Durststreik im
Kampf gegen die elenden Haftbedingungen
politisch motivierter und
anderer Sockendiebe unter den
wechselnden Bedingungen der Kleingruppen-
und Totaliso, der illegalen
und der gesetzlich abgesicherten
Kontaktsperre, der Zensur und des
Trennscheibenterrors bei Besuchen, um
auf den richtigen Zeitpunkt zu warten,
um diesen Witz zu erzählen.
ICH HABE EIN ALIBI FÜR DIE
LORENZ-ENTFÜHRUNG, FÜR
RICHTER DRENCKMANNS VERSETZUNG
IN DEN EWIGEN RUHESTAND, FÜR DIE RAZZIA
BEIM WAFFENHÄNDLER TRIEBEL USW.

Fortsetzung folgt
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dosron, 25. Aug 10
Vom April 74 bis Ende Mai 75 habe ich
als Maschinen-Arbeiter im Dreischichtbetrieb
bei der Presswerk AG (PAG) in
Essen gearbeitet..Ich hieß dort Jörg R.
und benutzte "verfälschte" Papiere. Ich
wohnte im Essener Stadtteil Frintrop
(in der Helmstr. 9), und fuhr jeden Tag
mit einem gelben Mofa zur Arbeit. An
jenem schönen Donnerstag, als Peter
Lorenz gegen 9 Uhr in Zehlendorf
geklaut wurde, bin ich etwa um die
seihe Zeit in Frintrop aufgewacht,
erfuhr etwa gegen 11 Uhr durch die
Rundfunknachrichten von der Entführung
des Peter Lorenz (eine Nachricht,
die mich vollkommen überraschte) und
schwang mich wie immer bei
Mittagsschicht um 1/4 nach I aufs
Mofa, um rechtzeitig im Betrieb zu sein.
Wenn das Mofa kaputt war, mußte ich
mit der Straßenbahn fahren, am
Germaniaplatz in Borbeck in den Bus
umsteigen und bis zur Straßenbahnhaltestelle
(von der Wohnung) und von der
Bushaltestelle noch ein Stück laufen.
Im Gruppenakkord als Presser an
kalten und heißen Pressen angelernt,
bei der Produk;tion von Deckenrastern
und gelegentlich auch Scheißhausbrillen
und Tranformatorkästen, mußte ich
an jedem Arbeitstag 8 Stunden,
abzüglich einer oder 2 kleiner
Freßpausen, rennen wie ein Idiot, um
den Akkord zu schaffen.

Fortsetung folgt